Welche Rechte werden durch welche Gesellschaft wahrgenommen?

Der Urheber oder die Urheberin hat das ausschliessliche Recht zu bestimmen, ob, wann und wie das Werk verwendet wird (Art. 10 Abs. 1 URG). Von dieser Regel gibt es nur wenige Ausnahmen. Es sind dies Fälle, in denen das Gesetz eine Verwendung für erlaubt erklärt (sogenannte „gesetzliche Lizenz“), aber dafür in der Regel eine Vergütung vorsieht. Dies gilt etwa bei der Privatkopie.

Individuelle und kollektive Wahrnehmung der Urheberrechte

Grundsätzlich kann der Urheber selbst eine bestimmte Werkverwendung erlauben oder verbieten (individuelle Rechtewahrnehmung). Er kann bestimmte Rechte bzw. Vergütungsansprüche aber auch zur Wahrnehmung einer Verwertungsgesellschaft übertragen (freiwillige Kollektivverwertung). Und schliesslich gibt es Fälle, in denen das Gesetz selbst eine Verwertungsgesellschaftenpflicht statuiert; das bedeutet, dass in diesen Fällen eine individuelle Rechtewahrnehmung gar nicht mehr zulässig ist (obligatorische Kollektivverwertung). Je nach Werkgattung werden mehr (z.B. Musik) oder weniger (z.B. Film) Rechte kollektiv wahrgenommen.

Gemeinsame Tarife und gemeinsame Inkassostelle

Sind mehrere Verwertungsgesellschaften im gleichen Nutzungsbereich tätig, so sind sie in der Regel zu Gemeinsamen Tarifen und zu einer gemeinsamen Inkassostelle verpflichtet (Art. 47 URG). Die kollektive Verwertung über Verwertungsgesellschaften liegt damit durchaus auch im Interesse der Nutzer, die auf diese Weise sämtliche Rechte für eine bestimmte Nutzung im Sinne eines One-Stop-Shops zentral erwerben können.

Die nachfolgende Übersicht zeigt auf, welche Rechte bzw. Vergütungsansprüche durch welche Gesellschaften kollektiv verwertet werden. Soweit Rechte nicht kollektiv über eine Verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden, erfolgt die Übertragung oder Lizenzierung auf individualvertraglichem Wege.

Recht/Vergütungsanspruch* ProLitteris SSA SUISA Suissimage SWISSPERFORM** Bemerkungen
Vervielfältigen und Verbreiten (10 II a/b) ja* ja ja nein nein *Ohne Abdruckrechte an Texten
Reproduktion von Bildern/Fotos (10 II a) ja* nein nein nein nein *ohne Presse-/Werbefotografien
Vervielfältigen zum Eigengebrauch (19/20):
- Reprographie und interne Netzwerke ( 19/20 II) ja ja ja nein GT 8 und 9
- durch Private auf Leerträger (19 I a/20 III) ja ja ja ja ja GT 4 und GT4i
- durch Schulen (19 I b/20 II) ja ja ja ja ja GT 7
- durch Betriebe (19 I c/20 II) ja ja ja ja ja GT 8 und 9
- durch Dritte (19 II/20II) ja ja ja ja ja GT 12, 8 und 9
Vervielfältigen zu Sendezwecken (24b) nein nein ja nein ja GT S und Tarife A von SUISA und SWISSPERFORM
Verbreitungsrecht (10 II b URG) * * * * * *nur zusammen mit andern Rechten, z.B. mit Vervielfältigen
Aufführen/Vorführen (10 II c) nein ja* ja nein ja** *nur dramatisches Repertoire **nur für im Handel erhältliche Ton(bild)träger; URG 35
Anderswo Wahrnehmbarmachen (10 II c) ja *** ja* ja Nein** nein** *nur dramatisches Repertoire **ausser für das zeitgleiche und unveränderte Wahrnehmbar machen von Sendungen (siehe unten) *** ohne Presse-/Werbefotografien
Zugänglichmachen, inkl. dafür nötige Rechte zum Vervielfältigen und Verbreiten (VoD; 10 II a-c) ja ja ja ja* nein *nur für Urheber
Zugänglichmachen gesendeter Musikwerke (22c) nein nein ja nein ja
Senden (10 II d) ja ja ja ja* ja** *nur für Urheber **nur für im Handel erhältliche Ton(bild)träger; URG 35
Weitersenden (10 II e/22) ja ja ja ja ja GT 1, 2a, 2b
Sendungen/Weitersendungen wahrnehmbar machen (Sendeempfang; 10 II f/22) ja ja ja ja ja GT 3 a-c
Vermieten (13) / Verleihen ja ja ja ja ja GT 5, 6a, 6b
Archivwerke von Sendeanstalten (22a) ja ja ja ja ja GT 11
Nutzung von verwaisten Werken (22b) ja ja ja ja ja GT 13
Verwendung durch Menschen mit Behinderungen (24c) ja ja ja ja ja GT 10
Bearbeitungsrechte / Verwendung zur Schaffung von Werken zweiter Hand:
- Musikwerke mit andern Werken verbinden („Synchronisationsrecht“) nein nein nur subsidiär nein nein
- Verfilmungsrecht nein nein nein nein
- Remake-Recht nein nein nein nein nein
- Ausschnitte in neuem Werke verwenden nein nein nein nein
- Übersetzungsrecht/Synchronisationsrecht nein* nein nein nein nein *ÜbersetzerInnen sind als selbständige UrheberInnen bei ProLitteris
- Drucknebenrechte (z.B. Buch zum Film) nein nein nein nein nein
Einbringen in ein Multimediaprodukt ja ja ja nur subsidiär nein
Merchandisingrechte ja * nein nein nein nein *Beschränkt bei Werken der bildenden Kunst und Fotografien
Werkverwendung zur individuellen Interpretation (Karaoke) nein nein ja nein nein
Zutritts- und Ausstellungsrecht (14) nein nein nein nein nein

*Der Übersichtlichkeit halber wird auf eine Nennung der für die Leistungsschutzrechte einschlägigen Bestimmungen verzichtet.
** Bezieht sich auf Leistungsschutzrechte der Interpreten, Produzenten und Sendeunternehmen (für allfällig betroffene Urheberrechte siehe die Spalten der anderen Verwertungsgesellschaften)

Quelle: www.swisscopyright.ch, 2017

Philippe Saire

«Die SSA setzt sich sehr sorgfältig mit den Schaffensbedingungen der Urheber auseinander und sieht sogar Bedürfnisse voraus, die den Urhebern bei der Durchsetzung ihrer Rechte entstehen können.»